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Rechtl. Grundlagen

Rechtliche Grundlagen

Soziotherapie ist als § 37a durch Gesetz vom 22.12.1999 (Bundesgesetzblatt I S. 2626) in das Sozialgesetzbuch V eingefügt worden. In der Begründung führte die Bundesregierung aus, dass nach den ersten zwei Anlaufjahren jährliche Kosten von 120 Mio. DM den Krankenkassen zusätzlich entstehen werden. Diese Ankündigung führte bei den Kassen zu Überlegungen, die Eingliederungshilfe hiervon nicht zu entlasten. Denn die ambulante aufsuchende Hilfe von psychisch Erkrankten wurde bisher von den Sozialbehörden finanziert und gesteuert (ambulant betreutes Wohnen).

Die gesetzlich eingeführte Möglichkeit, den Personenkreis der Patienten möglichst zu begrenzen, wurde im Rahmen der Beratungen des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Formulierung von Richtlinien zur Soziotherapie gem. § 92 SGB V weitgehend genutzt. Es gelang den Kassen, in der Regel nur Patienten mit schizophrenen Erkrankungen bzw. mit schweren psychotischen Symptomen einzubeziehen.

Nach langem Drängen von verschiedenen Seiten (auch der Berufsverband hatte 2008 Vorschläge für eine Änderung der Richtlinien vorgelegt) wurde beim Gemeinsamen Bundesausschuss eine Arbeitsgruppe Soziotherapie eingesetzt, die am 22. Januar 2015 die neue Soziotherapie-Richtlinie verabschiedete. Sie trat am 15. April 2015 in Kraft.

Seitdem kann bei allen psychiatrischen Erkrankungen Soziotherapie verordnet werden. Auch hat sich der Kreis der verordnungsfähigen Fachärzte vergrößert. Sogar die Psychiatrische Institutsambulanz darf seitdem die Leistung verordnen.

Da Soziotherapie als ambulante Leistung für psychisch Erkrankte bei ihrer Einführung im Jahre 2002 eine neue Leistungsart darstellte, und die Frage der Zulassung geeigneter Fachkräfte nicht zwischen Krankenkassen und Soziotherapeuten ausgehandelt werden konnte, räumte der Gesetzgeber den Kassen das Recht ein, Zulassungsbedingungen einseitig in entsprechenden Empfehlungen gem. § 132b Abs. 2 SGB V festzulegen. Nach der Gründung des Berufsverbandes der Soziotherapeuten als Vertreter der Leistungserbringer wurde diese Rechtsgrundlage zum 1. Juli 2008 wieder gestrichen. Nunmehr gehen zwar viele Kassen immer noch von ihren Wunschbedingungen aus, treffen jedoch bei den Leistungserbringern mit Unterstützung durch ihren Berufsverband auf zunehmenden Widerstand (siehe hierzu den Abschnitt Zulassung).

Die Aufgabenstellung der Soziotherapie korrespondiert auffallend mit § 26 SGB IX, in dessen Absatz 3 die Aufgaben der medizinischen Rehabilitation beschrieben werden. Diese Formulierungen decken sich weitgehend mit der Aufgabenbeschreibung der Soziotherapie, wie sie unverändert auch in der neuen Fassung der Soziotherapie-Richtlinie formuliert wurden. Die Einführung der Soziotherapie in das SGB V um die Jahreswende 1999/2000 steht daher rechtspolitisch in einem engen Zusammenhang mit der Einführung des SGB IX, das am 19.06.2001 wirksam wurde. Soziotherapie bildet das entscheidende Instrument, wesentliche rehabilitative Forderungen des SGB IX an die Krankenkassen bei den psychisch Erkrankten zu erfüllen.

Die Umsetzung dieser Pflichtaufgaben der Krankenkassen lässt immer noch auf sich warten. Bis dahin wird notgedrungen die Eingliederungshilfe über ihr Instrument der Ambulanten Hilfe die fehlende Soziotherapie ersetzen müssen. Sie macht die Patienten jedoch zu Sozialhilfeempfängern, bedingt also die Offenlegung der persönlichen finanziellen Verhältnisse sowie die finanzielle Beteiligung unterhaltsverpflichteter Angehörigen an den anfallenden Kosten. Dies lehnen viele Patienten aus guten Gründen ab, nehmen lieber die fehlende soziotherapeutische Versorgung trotz der hieraus resultierenden Risiken in Kauf.